Montag, 4. Januar 2010

Generalstaatsanwaltschaft Dresden blockt Ermittlungsverfahren gegen Staatsanwalt ab

Die Staatsanwaltschaft Dresden hatte es schon vorgeturnt: Wenn sich ein Kollege in einer Hauptverhandlung ordentlich vergaloppiert und sich zum Richter aufschwingt und entsprechend den Justizwachtmeistern Befehle zum Entfernen von Zuschauern erteilt - dann prüft die Staatsanwaltschaft erst mal alle möglichen Dinge, nur nicht den strafrechtlich relevanten Vorwurf. Weist man dann darauf hin, dass da doch etwas vergessen wurde, reicht es nach Auffassung der StA Dresden aus, wenn der Verdächtige und die Richterin als duldende Mitwisserin leugnen, um weiterhin gar nicht erst ermitteln zu müssen. Auch das ließen wir nicht unbeantwortet, sondern benannten sieben ZeugInnen, die die Äußerung "Können Sie bitte den Herrn, der da so laut lacht, auch mitnehmen!" belegen können.

Diese unsere weitere Gegenvorstellung - die daneben auch noch einen Antrag auf Akteneinsicht und Übersendung des Geschäftsverteilungsplans der StA Dresden enthielt - wurde nun als Dienstaufsichtsbeschwerde behandelt. Was nichts anderes heißt, als dass die StA Dresden sagt: "Pah! Uns interessieren auch sieben ZeugInnen nicht!"; der Antrag auf Akteneinsicht gem. § 475 StPO blieb dann auch gleich unbehandelt auf der Strecke. Man hat die Sache also einfach weiter an die Generalstaatsanwaltschaft geschickt.

Und die turnt nach. Staatsanwältin Dagmar Riedel erklärt, die Entscheidung der StA Dresden entspräche "der Sach- und Rechtslage" - und nimmt "um Wiederholungen zu vermeiden, auf die zutreffende Begründung der angegriffenen Verfügung Bezug". Das ist mutig bis unverfroren, hatte doch die angegriffene Verfügung (vom 22.09.09) gerade den inkriminierten Ausspruch gar keiner Prüfung unterzogen! Aber auch das weitere Schreiben der StA DD vom 11.11.09 wäre kein guter Bezugspunkt, denn dort wurde das Leugnen des vermeintlichen Täters als ausreichend angesehen, um keine Ermittlungen einzuleiten - sicherlich kein Maßstab, den eine Staatsanwaltschaft ansonsten anzulegen bereit ist. Und die angebotenen ZeugInnen? Fallen unter den Tisch, StAin Riedel sind diese nicht einmal eine Erwähnung wert. Wozu auch? "Insoweit wird, um Wiederholungen zu vermeiden, auf die zutreffende Begründung der angegriffenen Verfügung Bezug genommen." Schon klar...

Im Übrigen, so Riedel, "steht bereits die Sperrwirkung des § 339 StGB einer Strafverfolgung entgegen". Was hat es damit auf sich? Die Idee dahinter ist recht einfach: Wenn ein Richter bei der Leitung einer Rechtssache einen Fehler begeht, z.B. jemanden zu Unrecht inhaftieren lässt, so soll diese Handlung keine strafbewährte Freiheitsberaubung sein - zumindest dann nicht, wenn das Handeln nicht (auch) als Rechtsbeugung (§ 339 StGB) zu klassifizieren ist. Der Vorwurf gegenüber StA Muck ist aber der, dass er nicht bei einer Amtshandlung einen Fehler gemacht hat, sondern dass er eine Handlung vorgenommen hat, die gerade nicht mehr seiner Amtsstellung entspricht; ein Verstoß gegen § 132 Alt. 2 StGB kann also niemals in Konkurrenz zur Rechtsbeugung stehen. Und damit ist dieses Argument der GenStA Dresden - leider nichts wert.

Da das sonstige Verhalten von Staatsanwalt Muck bereits Gegenstand eines Dienstaufsichtsbeschwerdeverfahrens beim sächsischen Justizministerium ist, haben wir diese jüngste Entscheidung nunmehr dem Minister zur weiteren Bearbeitung bekannt gegeben. Lassen wir uns überraschen, ob auch auf ministerialer Ebene Fünfe gerade sein gelassen werden - oder ob man es hier etwas genauer nimmt, mit dem Rechtsstaat und dem ganzen Gedöns...

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